Gruss der Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB) zum neuen Jahr

Mit den Augen der Gnade und Barmherzigkeit. Neujahrsgrüße von der LWB-Generalsekretärin

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,
ich begrüße Sie im Namen des Herrn Jesus Christus!
Nach einem turbulenten Jahr sehen wir jetzt dem Jahr 2023 entgegen. Im vergangenen
Jahr konnten wir das Ende der meisten mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen
erleben. Es war aber auch das Jahr neuer Konflikte und Kriege mit
globalen Auswirkungen.
Was die Zukunft und das nächste Jahr uns bringen, kann niemand mit Sicherheit
vorhersagen. Was wir aber wissen, ist, dass wir aufgerufen sind, standhaft zu sein in
gegenseitiger Liebe und Hoffnung. Deshalb sollten wir uns in all unseren Sorgen und
Ängsten, aber auch unseren Feiern und unserer Freude daran erinnern, dass es Gott
nicht gleichgültig ist, was in der Welt und mit den Menschen geschieht.
Die Herrnhuter Jahreslosung für 2023 lautet: „Du bist ein Gott, der mich sieht“
(Gen 16,13). Gott, dessen Menschwerdung in Jesus Christus wir soeben gefeiert
haben, sieht Dinge, die geschehen, aber auch Dinge, die nicht geschehen. Deshalb
ruft Gott uns auf, nicht gleichgültig zu sein, sondern das Wort zu erheben und zu
handeln, wo immer wir sehen, wie die menschliche Zerbrochenheit die Saat des Hasses,
der Uneinigkeit, der Unterdrückung und der Missachtung von Gottes Schöpfung
aufgehen lässt.
Im September 2023 findet die LWB-Vollversammlung in Krakau, Polen statt. Das
Thema der Vollversammlung lautet: „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung.“ Es ist ein
Thema voller Hoffnung, das uns der Einheit näherbringt, die Gott für Gottes Schöpfung
beabsichtigt hat. Das Thema bezieht sich auf den Brief des Paulus an die Epheser,
in dem der Apostel schreibt: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu
einer Hoffnung eurer Berufung“. Paul zitiert hier vermutlich aus einer Taufliturgie der
Frühkirche. Er spricht über die Kirche als mystischen Leib Christi, der Menschen aus
unterschiedlichen Kontexten, unterschiedlichen Geschlechts und mit unterschiedlichen
sozialen und politischen Hintergründen vereint.
Wenn wir Christus in den Mittelpunkt stellen, dann finden wir Einheit trotz all
unserer Unterschiede. Wenn wir uns allerdings in erster Linie mit den Unterschieden
befassen, die es zwischen uns gibt, dann schauen wir nur auf das Trennende. Unsere
in der Taufe begründete Berufung ist ein Aufruf zur Einheit. Zur Einheit mit Christus
und mit unseren Brüdern und Schwestern in Christus, aber letztlich mit der Menschheit
und Gottes Schöpfung, denn Gott ist der Schöpfer der gesamten Welt. Einheit
bedeutet nicht Uniformität. Wahre Einheit umarmt immer auch die Vielfalt, solange
sie von Liebe und Respekt getragen wird.
Die Einheit ist eine kostbare Gabe und gleichzeitig auch eine Aufgabe. Manchmal
kann diese Aufgabe hohe Anforderungen an uns stellen. Aber wo wir uns auch dieser
Herausforderung stellen, bestärkt uns der Heilige Geist: Christus und das Evangelium
können nicht „ungeschehen“ gemacht werden. Der Geist der Trennung und des
Hasses, der Gier und des Machtmissbrauchs werden nicht die Überhand gewinnen.
Unsere Berufung besteht nicht nur darin, das Evangelium zu verkünden, sondern
es zu leben und Gottes Reich in unsere Wirklichkeit zu lassen als einen „Sauerteig“,
der Hoffnung in die Welt bringt. Deshalb dürfen wir nicht gleichgültig bleiben, wenn
Hass und Zerstörung gesät und wenn Gottes Liebe und Gnade gegenüber den Menschen
in Frage gestellt werden.
Wenn Gott auf die Welt schaut, dann sieht er mit Augen voller Barmherzigkeit und
Gnade auf uns. Mögen wir 2023 die gleiche Sicht auf die Welt haben, und mögen wir
die gleiche Standhaftigkeit und Hoffnung wie Dietrich Bonhoeffer haben, ein profilierter
lutherischer Theologe und Märtyrer, der von den Nazis verhaftet wurde und 1944 aus
dem Gefängnis geschrieben hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten
wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, und ganz
gewiss an jedem neuen Tag!“
Möge Gott Sie segnen mit der Gegenwart des Heiligen Geistes, damit auch Sie ein
Segen für andere Menschen sein mögen.
Verbunden in Christus
Pfarrerin Anne Burghardt
Foto: LWB/Albin Hillert
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