Kirchen in Zeiten des Coronavirus. Ein Pastoralbrief.

Verehrte Kirchenleitende, liebe Schwestern und Brüder,

Christus ist auferstanden!

Wir schreiben Ihnen heute erneut einen Brief, nachdem wir weiter aufmerksam verfolgt haben – und weiterhin verfolgen werden –, was die LWB-Mitgliedskirchen uns über ihr Zeugnis in Zeiten von COVID-19 berichten. Erneut wollen wir, aufbauend auf dem, was uns berichtet wird, Perspektiven aufzeigen und Ihnen Mut zusprechen, und hoffen, damit sowohl den Dienst und das Engagement der Kirchen vor Ort sowie auch das weltweite Zeugnis von uns als Gemeinschaft von Kirchen zu unterstützen.

Seid bereit, Rechenschaft zu geben über die Hoffnung, die in euch ist (1.Petr 3,15)

Nachdem wir die Auferstehung Christi von den Toten gefeiert haben, sind wir gestärkt in unserem Glauben. Das Grab ist leer, Christus lebt!

Auch in Zeiten, in denen viele Menschen Angst haben und besorgt sind, ist unsere Botschaft immer noch die gleiche: Christus ist auferstanden! Wir vertrauen darauf, dass der Heilige Geist, der Neues schafft und die Kirche erneuert, wirkt, und sind aufgerufen, auch weiterhin ein Zeugnis der Hoffnung abzulegen.

Wir sind zutiefst dankbar dafür, wie es den LWB-Mitgliedskirchen gelungen ist, die Menschen zu mobilisieren, und dass sie zahlreiche Möglichkeiten und Wege gefunden haben, trotz allem weiterhin gemeinsam zu beten und Gottesdienste zu feiern, ihren Nächsten zu dienen und sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen – auch unter Wahrung einer räumlichen Distanzierung von anderen Menschen. Es gibt viele Berichte aus unseren Mitgliedskirchen überall auf der Welt, die einen unerschütterlichen Glauben an das Evangelium unter Beweis stellen und dadurch begeistern und Mut machen.

Wir möchten Sie bitten und ermutigen, dort, wo Sie jeweils sind, auch weiterhin die fest verankerte Hoffnung zu verbreiten, die in uns allen wohnt. Christus ist wahrhaftig auferstanden!

Unterstützen Sie Maßnahmen zur Eindämmung des Virus

Wir sind allen LWB-Mitgliedskirchen in der ganzen Welt zutiefst dankbar, die die von den Behörden vor Ort verhängten Maßnahmen unterstützen, auch wenn diese gravierende Auswirkungen auf das Leben und Zeugnis der Kirchen haben. Die räumliche Distanzierung von anderen Menschen, die Vermeidung von Menschenansammlungen, zu Hause zu bleiben und sich regelmäßig die Hände zu waschen, sind die wirksamsten Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Wir rufen die LWB-Mitgliedskirchen, ihre Führungspersonen, Pfarrerinnen und Pfarrer und alle Mitglieder auch weiterhin auf, die Anweisungen der zuständigen Behörden auf nationaler, föderaler oder lokaler Ebene zu befolgen und sich an die von ihnen verhängten Maßnahmen und Beschränkungen zu halten.

Solidarität mit den Leidenden

Das Virus hat ans Licht gebracht, welch maßlose und tiefgreifende Ungleichheit und Ungerechtigkeit in der Welt, in den Gesellschaften und Gemeinwesen herrscht.

Uns erreichen schmerzhafte Berichte, dass Menschen und ganze Gemeinschaften von Menschen Hunger leiden. Vielerorts baut die lokale Wirtschaft darauf auf, dass die Menschen tagtäglich auf der Straße und auf den Märkten sind, denn dort verdienen sie ihren Lebensunterhalt. Aufgrund von Ausgangsbeschränkungen können die Menschen nun nicht mehr ihr tägliches Brot nach Hause bringen.

Wir rufen die LWB-Mitgliedskirchen auf, auch weiterhin offen zu sein für die anderen und sich dem Schmerz und Leid der Schwächsten und Verwundbarsten zuzuwenden. Jesus hat uns gelehrt, ihn in all jenen zu erkennen, die sich mit der Bitte um Essen, Wasser, Kleidung oder Obdach an uns wenden. (Mt 25,37-41)

Weil sie oftmals Ersthelferinnen sind, spielen Kirchen eine entscheidende Rolle. Der LWB hat einen COVID-19-Soforthilfe-Fonds eingerichtet, um die Kirchen in ihrer pastoralen und diakonischen Antwort auf die Pandemie zu unterstützen (Link). Wir rufen alle LWBMitgliedskirchen und Partnerorganisationen auf, diesen Fonds zu unterstützen, weil er Ausdruck der weltweiten Solidarität des LWB und seiner Berufung ist, zusammenzustehen und den Nächsten zu dienen.

Im Namen der weltweiten Gemeinschaft von Kirchen leistet der LWB durch seinen Weltdienst auch weiterhin Hilfe für rund 2,5 Millionen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und die Gemeinwesen, die sie aufnehmen. Diese Menschen gehören zu den schwächsten und schutzbedürftigsten überhaupt. Bitte schließen Sie die mehr als 9.000 Menschen, die unter extremen Bedingungen in unserem Auftrag arbeiten, in Ihre Gebete ein und unterstützen Sie sie.

Selig sind, die Frieden stiften (Mt 5,9)

Die Nachrichten über zunehmende Gewalt, die uns erreichen, beunruhigen uns zutiefst. Es gibt erschütternde Berichte über fremdenfeindliche Übergriffe auf Ausländerinnen und Ausländer, Studierende, Arbeiterinnen und Arbeiter, Migrantinnen und Migranten und auf Flüchtlinge. Insbesondere betrübt uns die Feindseligkeit gegenüber Afrikanerinnen und Afrikaner in China und gegenüber Ausländerinnen und Ausländern und Minderheiten ganz allgemein an vielen Orten weltweit. Wir sind besorgt, dass Menschen durch augenscheinlich unverhältnismäßige Gewaltanwendung unterdrückt werden. Es gibt Beispiele dafür, dass Nachbarn sich überwerfen oder gegeneinander aufgebracht werden, wenn das Gerücht die Runde macht, dass sich jemand mit dem Virus infiziert hat. Pflegepersonal und Ärztinnen und Ärzte werden in ihren Gemeinwesen angefeindet, weil manche Menschen Angst haben, dass sie infiziert sein könnten.

Angst kann zu Gewalt führen und verstärkt diese. Und auch Stress und Unbehagen steigern das Potenzial, dass Menschen gewalttätig werden.

Wir rufen alle LWB-Mitgliedskirchen auf, Fremdenfeindlichkeit frühzeitig zu erkennen und sich ihr mutig entgegenzustellen. Bitte vergessen Sie niemals: Wo negative Charakterisierungen oder gar Hassreden toleriert werden, wird bald Gewalt folgen. Lassen Sie es daher nicht zu, dass negativ über andere Menschen gesprochen wird oder sich Hassrede etabliert, sondern treten Sie dem entschieden entgegen.

Sorgen Sie dafür, dass die Botschaft der Kirche immer eine Botschaft des Friedens ist.

Gewalt gegen Frauen ablehnen und ihr entgegentreten

Wir wollen Sie auch auf die Situation von Frauen aufmerksam machen, die in einer Beziehung leben, in der der Partner Gewalt gegen sie ausübt. Wir sind den Kirchenleitenden dankbar, die dem LWB-Büro der Kirchengemeinschaft über dieses besondere Problem berichtet haben. Die Zahl der Frauenmorde hat weltweit in besorgniserregendem Maße zugenommen. Die Fallzahlen von geschlechtsspezifischer Gewalt sind einigen verfügbaren Statistiken zufolge sogar um bis zu 30 Prozent gestiegen.

Der LWB engagiert sich seit Langem für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und bezeichnet diese ganz klar als das, was es ist: eine Sünde (Kirchen sagen ‚Nein‘ zur Gewalt gegen Frauen)

Wir rufen die LWB-Mitgliedskirchen auf, die Menschen auch weiterhin für das Problem der Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren. Indem wir es beim Namen nennen, werden wir beginnen, das Problem zu überwinden.

In vielen Ländern gibt es Frauentelefone, wo Frauen anrufen und um Schutz und Hilfe bitten können, wenn sie unter Gewalt leiden. Bitte machen Sie diese Nummern ausfindig und informieren Sie in Ihren Gemeinden und Frauennetzwerken darüber.

Klären Sie die Menschen auf und stellen Sie Materialien und Informationen bereit.

Gottes Mission geht weiter

Wir wissen in diesen schwierigen Zeiten nicht wirklich, was die Zukunft bringen wird. Aber wir wissen, in wessen Händen sie liegt. Lassen Sie uns deshalb an unserer Berufung festhalten. Gottes Mission geht weiter. Und deshalb sollten auch wir weiterhin Zeugnis ablegen.

In diesem Sinne wollen wir Sie ermutigen, weiterhin Zeugnis abzulegen, weiterhin die frohe Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen, Ihren Nächsten zu dienen und sich dafür einzusetzen, dass Gerechtigkeit strömen möge wie ein nie versiegender Bach (Amos 5,24).

In Christus,

Erzbischof Dr. Panti Filibus Musa Pfarrer Dr. Martin Junge
LWB-Präsident LWB-Generalsekretär