Bericht vom BELK-Seminar „REFORMATION UND KUNST“ in Bern (31.10.2015)

Ein fürwahr interessantes Thema lag dem diesjährigen BELK-Seminar zugrunde, zu dem die Ev.-Luth. Gemeinde in Bern, Pfr. Falko von Saldern und Pfrn. Nina von Saldern, herzlich eingeladen hatte. Diesem Seminar ging ein Konfirmanden- und Teamer-Treffen am Freitag voraus, zusätzlich begleitet von Pfr. Johannes Lehnert aus Zürich und Pfr. Marc Blessing aus Genf.

Die jungen Menschen stellten die Hauptgruppe der Seminar-Teilnehmer dar; vereinzelte Mitglieder aus den Gemeinden Basel, Genf und Zürich stiessen am Samstag, 31.10., dazu. Die Jugendlichen hatten ihr eigenes Programm am Freitag – bestimmt mit viel Spass -, gefolgt von einer kurzen Nacht, die sie auf Matratzen im Kirchenraum verbrachten.

Am Samstagmorgen um 10 Uhr war Aufteilung der Anwesenden in drei Gruppen: eine grosse Gruppe, vorwiegend Jugendliche, nahm am Besuch des Klee-Zentrums teil; eine weitere Gruppe hatte eine Führung im Kunstmuseum zu Bildern aus Bern aus der Zeit um die Reformation; eine andere, kleine Gruppe nahm an einer Führung im Berner Münster teil. Ich gehörte zur „Münster“-Gruppe und war absolut fasziniert von der schlichten Schönheit dieses nach 450 Jahren im neugotischen Stil vollendeten Bauwerks und seinen Sehenswürdigkeiten.

Das Berner Münster ist der grösste und bedeutendste Kirchenbau der Spätgotik in der Schweiz (1421 Grundsteinlegung, 1893 Turmvollendung). Imposant sind seine Ausmasse: 86,7 m lang und 37,5 m breit, seine Turmhöhe: 100,6 m! Das Münster diente im 15. Jhd.  den 5000 Einwohnern Berns als sakraler Kult- und öffentlicher Versammlungsraum.

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Unsere Führerin, Frau Ursprung, erläuterte uns anschaulich die sehr beeindruckende Geschichte des Münsters, vor allem das Hauptportal – das Jüngste Gericht darstellend -, das  zwischen 1460 und 1485 entstanden ist. Mit über 200 Figuren gilt es als das letzte figurenreiche Portal der Gotik. Schon damals wurde das Portal als „königliche Pforte“ bezeichnet und als sehr wertvoll betrachtet – wahrscheinlich überdauerte es deshalb den Bildersturm der Berner Reformation von 1528.

Nahezu die gesamte Münsterausstattung mit ihren 26 Altären fiel dem Bildersturm zum Opfer: Kultbilder und Heiligenstatuen wurden entweder verbrannt oder landeten als Füllschutt auf der damals noch im Bau befindlichen Münsterplattform. Davon zeugen heute noch leere Sockel im Vorraum des Münsters, und an manchen Säulen im Mittelschiff sind Spuren vom Entfernen früherer Heiligenstatuen deutlich sichtbar. Verschont vom Bildersturm blieben zum Glück auch die herrlich ausgestatteten Kirchenfenster, und zwar aus ganz praktischen Gründen (zu schwer zu zerstören oder eben zu sehr als Kunstwerk geschätzt).

Der Berner Bildersturm war nicht zu fanatisch abgelaufen, aber doch tragisch genug, wenn man bedenkt, dass die damalige Bevölkerung mehrheitlich analphabetisch und somit auf die bildhafte Darstellung zur Ausübung ihres Glaubens angewiesen war. Womit wir beim Kernpunkt unseres Themas angelangt waren: „Welche Auswirkungen hatte der Bildersturm der Reformation und was fehlt mir/uns dadurch heute?“ Dieser Frage sind wir nach der Münsterführung nachgegangen und waren unterschiedlicher Meinung: die aufstrebende gotische Architektur allein ist für die Einen schon wirkungsvoll und erhaben genug (eine Art Ruhepol im gewaltigen Geräuschpegel der heutigen Welt), um sich auf das Wort Gottes zu konzentrieren, für die Anderen sind Bilder in der Kirche durchaus wünschenswert.

Diese Verschiedenheit drückte sich auch in der persönlichen Malerei der Klee-Zentrums-Gruppe aus. Gleich einem fröhlich bunten Laufband wurde am Ende des Seminars auf dem Mittelgang der Berner Kirche aus vielen Einzelbildern das Band zusammengefügt. Trotz oder gerade wegen der sehr zahlreichen, in alle Himmelsrichtungen zeigenden Wege (Verknüpfungen) und Kreise (mit abgebildeten Personen) bildete es eine Einheit und stellte so die bunte Vielfalt der christlichen Gemeinde dar.

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Die Jugendlichen selbst erläuterten die Entstehung ihres Kunstwerks, das gebührende Bewunderung bei allen Teilnehmern im Abschlussgottesdienst fand. Der Gottesdienst wurde, unter Mitwirkung einiger Jugendlicher, von Pfr. von Saldern gestaltet, wobei die Lesungen, die Lieder, die Rückmeldungen aus den Gruppen und natürlich die Bilder sich wunderbar ergänzten und gegenseitig verstärkten.

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Als Erinnerung an dieses Treffen durften die Jugendlichen ihr persönlich gestaltetes Bild mit nach Hause nehmen. Eigentlich schade, denn dieses Kunstwerk hätte es wirklich verdient, als Ganzes auch in anderen BELK-Gemeinden vorgeführt zu werden, die hier sicherlich etwas Schönes verpasst haben. Vielleicht ergibt sich doch einmal eine solche Gelegenheit?

Ein grosser Dank ging an die Berner Gemeinde für ihre fürsorgliche Betreuung aller Seminar-Teilnehmer und das leckere Mittagessen, sowie an das Pfarrer-Ehepaar von Saldern für die Durchführung dieses Seminars.

Im Namen der Genfer deutschsprachigen Gemeinde,
Heidi Krause
1. Nov. 2015