Haben Sie sie schon gesehen, die Broschüre, in der sich die BELK-Mitgliedskirchen und -Gemeinden vorstellen? Ein rotes Mosaik mit schwarzen Verbindungslinien leuchtet auf dem Deckblatt. Manche Mosaiksteine leuchten gelblich, als ob Sonnenlicht sich Bahn brechen will. Und dann ist da das schiefe weisse Kreuz – oder ist es gar kein Kreuz? Was könnte es sonst sein? Ein Engel – ein Botschafter unterwegs woher – wohin? Eine Pfarrerin – ein Pfarrer bekleidet mit einer Alba auf dem Weg zu einer Taufe oder einem Ostergottesdienst oder zu einem Gemeindemitglied, das Beistand braucht? Ich sehe zielgerichtete Dynamik und mit viel Fantasie sogar eine kleine Stupsnase.
Haben Sie bemerkt, dass die weisslichen Steine einen leichten Grünschimmer haben? Da könnte etwas wachsen. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Manche schwarze Linien sind breiter als andere. Wofür könnten sie wohl stehen? Für einander fremd sein, wenig voneinander wissen oder Abgrenzung? Für Trennung und Unversöhntes oder, wie man in Norddeutschland sagen würde, für ‚alte Kamellen‘? Wussten Sie, dass Kamellen von Kamille kommt und besagt, dass die Kamille, wenn sie zu lange lagert ihre heilende Wirkung verliert? Wirklose Kamille kann man im Grunde nur noch entsorgen, ebenso wie alte Kamellen. Was braucht es, das aus Trennungslinien Verbindungslinien werden? Eine Möglichkeit wäre ‚neue Kamellen‘ oder eben wirksame Kamille. Ich denke, dass wir alle in unseren Gemeinden Möglichkeiten haben heilsame ‚Kamille‘ zu sein und nicht alte ‚Kamellen‘ zu hüten. Das Ziel ist ja nicht, dass die Linien alle verschwinden. Denn dann würde das Mosaik, eine Fläche werden, die ihre Akzente verliert. Anregung und Bereicherung füreinander sein und Wachsen an- und miteinander geschieht, wenn wir wissen, wer wir selbst sind und versuchen, den oder die Anderen kennen zu lernen. Dann können wir auch entdecken, wo wir Akzente setzen können, damit das Mosaik des Miteinanders vielfältiger wird und dunkle oder leere Flecken weniger werden. Gemeinsame Ziele können wir auf unterschiedliche Weise erreichen. Wenn wir auf dem Weg dahin das Miteinander wagen und üben, kommen wir zügiger und fröhlicher voran. Ich hoffe, dass diese Broschüre dazu beiträgt, dass dieses in der BELK-Gemeinschaft weiterhin gelingen möge, denn durch sie erfahren wir mehr voneinander. Und Aussenstehenden können wir jetzt etwas in die Hand geben, wodurch sie erfahren, wofür dieses schöne Mosaik auf dem Deckblatt steht.
Die Entstehung der Broschüre war so etwas wie eine Sturzgeburt mit mehreren Geburtshelfern. Die Züricher Kirche hatte die Druckkostenübernahme früh bewilligt und anlässlich des ‚Zwingli-Luther-Events‘ im November auch die Fotografin engagiert. Für die Übernahme der Grafikerkosten brauchten wir die Zustimmung der BELK-Delegierten auf der diesjährigen Bundesversammlung im März. Zwischen diesem Datum und dem Pfingstsonntag 2015, an dem die Broschüre an die diesjährigen Konfirmanden anlässlich ihrer Konfirmationen verteilt werden sollte, lagen gerade mal zwei Monate.
Wir brauchten die Texte aus den Gemeinden als inhaltliche Vorgaben. Sie waren so unterschiedlich, wie die Gemeinden selbst auch unterschiedlich sind. Trotzdem sollten sie in einer Weise einander angeglichen werden, dass die Broschüre „eine Handschrift“ trägt, ohne dass das Individuelle verloren geht. Zu dieser Aufgabe hat sich Dr. Elke Breitenfeldt, eine Germanistin und Kirchenvorstandsmitglied aus der Züricher Gemeinde bereit erklärt. Ich habe mit Faszination die Verwandlung der Texte miterlebt und viel dabei gelernt. Es flogen zahlreiche E-Mails zu fast jeder Tages- und Nachtzeit hin und her, um Inhalte und Formulierungen abzustimmen. Manchmal habe ich mich gefragt, ob der Grafiker schon Magenkrämpfe bekommt, wenn er in seiner Inbox wieder die Verbesserung der Verbesserung der Verbesserung vorfindet. Eingesandte Fotos und Logos stellten sich als nicht geeignet für den Druck heraus und neue mussten beschafft werden. Wer auch immer greifbar erschien, wurde angeschrieben, stets mit dem Hinweis, dass man den erbetenen Baustein für die Broschüre eigentlich schon am Vortag gebraucht hätte.
Mit im Boot war auch Dr. Andreas Wiede, der Kirchenvorstandsvorsitzende aus Zürich. Sein juristischer Hintergrund kam zum Tragen, als die Druckerei nicht fristgerecht lieferte. Leider konnte er daran trotz seines grossen Einsatzes nichts mehr ändern. Darüber hinaus war seine Mitarbeit wesentlich, damit diese Broschüre in dieser Qualität zustande kam. Sein Einsatz an Zeit, an Ideen, an Was-bedacht-werden-sollte, welche Akzente wie gesetzt werden sollten oder auch nicht – und sein Energielevel schienen unerschöpflich zu sein, im Gegensatz zu meinem.
Die Übersetzung ins Englische stellte sich an manchen Stellen als eine Übersetzung in eine andere lutherische Denkkultur heraus, denn der BELK ist ja wesentlich vom deutschen Luthertum geprägt. Marian Frerichs, die ehemalige Gemeindesekretärin der englischsprachigen Gemeinde in Genf, hörte sich wiederholt meine Erklärungen geduldig an. Dann gab es ein Schweigen und ich sah, dass es in ihrem Kopf arbeitete bis sie nach kurzer Zeit eine Formulierung gefunden hatte. An manchen Formulierungen haben wir ziemlich basteln müssen, um sie inhaltlich treffend zu übersetzen. Wie würden Sie z. B. die Basler Überschrift: „Offene Beziehungskirche – verlässlich – lebensdienlich – inspiriert“ übersetzen?
Bevor ich Sie langweile, beende ich hier lieber meine Erzählung. Jedoch nicht, ohne denen zu danken, die beigetragen haben, dass diese Broschüre jetzt vorliegt. Mein herzlicher Dank geht an Elke und Andreas, an den Grafiker Rogério Franco und die Fotografin Vera Markus, sowie an die Pfarrerinnen und Pfarrer, die Gemeindesekretäre und –sekretärinnen und auch an die BELK-Vorstandsmitglieder und Gemeindemitglieder, die in verschiedener Weise zugearbeitet haben. Es war eine gute und inspirierende Erfahrung!
Elisabeth Benn
Genf, 20.07.2015